In meinem letzten Eintrag habe ich das Thema Digitalisierung im Kontext der London Metro thematisiert. Wie ihr hier lesen konntet, war und bin ich mehr als begeistert von diesem Konzept. Dies war allerdings nicht die einzige positive Erfahrung.
In meinem Bekanntenkreis gibt es Menschen, die vermuten ich hätte eine Allergie gegen Bargeld – da ich so gut wie niemals welches bei mir trage. Ein symptomatisches Beispiel hierfür ist ein Lidl-Einkauf während meiner Studienzeit. In einer Pause wollte ich mir ein Wasser für 12 cent (plus 25 cent Pfand) kaufen. Natürlich hatte ich mal wieder kein Bargeld bei mir und musste den Betrag von 37 cent per Karte zahlen. Die Verkäuferin hatte mir damals einen mehr als mitleidigen Blick zugeworfen. Vielleicht war es aber auch nur der aufsteigende Ärger und die Gewissheit, dass sie sich am Ende ihre Schicht erklären muss wieso die Bearbeitungsgebühr höher als der Einkauf war.
Kartenzahlungen ohne Mindesthöhe sind heutzutage in Supermärkten und Restaurants keine Besonderheit mehr. Anders sieht es aber auf Märkten oder bei der Bezahlung von Münz-Parkautomaten in Kleinstädten aus. Mein Adrenalin steigt jedesmal auf dem Weg zum Waldparkplatz für ein Eintracht Frankfurt Heimspiel – und nicht nur wegen der Vorfreude und Euphorie für das Spiel. Gedanklich zähle ich sämtliche Kleingeld Reserven im Auto zusammen, ob es diesmal für die 7 € Parkgebühr reichen wird.
Meine Bargeld Allergie beschränkt sich nicht nur auf Deutschland, sondern auch auf Reisen durch sämtliche Länder. Natürlich nehme ich mir jedesmal aufs Neue vor, dass ich ähnlich wie bei Reisekrankheiten, Medikamente – in Form von Bargeld – in meiner Tasche habe. Wer mich kennt, kann sich aber vorstellen, wie selten mir dies gelingt. So natürlich auch bei unserer Reise nach London.
Wir lieben es Kurztrips durch bekannte und neue Städte zu machen. Oft haben wir keine konkreten Ziele oder Routen, sondern nur ein paar Spots und lassen uns zwischen diesen Spots einfach treiben. Das kann ich im übrigen jedem empfehlen. Hierdurch landen wir oft in unbekannten Ecken, die abseits der üblichen Touristenplätze sind – und erleben meist fantastische Momente und Situationen, die lange in Erinnerung bleiben. Hierbei sind wir mindestens so emotionalisiert wie mein Schritt-Zähler am Handy, der entweder denkt mein Handy sei entführt worden oder ich bin wie ein Duracell-Hase auf Speed unterwegs, da ich im Schnitt die 10-fache Schrittmenge wie gewöhnlich zurück lege.
Auf unserem Weg entlang der Themse haben wir auf Grund des Regenwetters einen Zwischenstopp auf der Bier-Terasse bei The Founder’s Arms gemacht. Hier saßen wir eine Weile und haben uns gefragt, ob wir bedient werden oder unsere Drinks drinnen selbst bestellen müssen. Während dem Warten entdeckte ich ein kleines Schild an unserem Tisch, worauf mir klar wurde weshalb bei diesem Wetter keine Kellner im Außenbereich waren. Young’s On Tap ist eine App mit der man nicht nur bei einigen Pubs, Boutiquen, Hotels und Bars einen Tisch bestellen und seine Bestellung platzieren und bezahlen kann. Über diese App kann man Freunde auch wissen lassen in welcher Bar man gerade ist und sie dazu einladen. Online Bestellung, bargeldloses bezahlen und Social-sharing in einem. Da die App bei der Registrierung eine Telefonnummer abfragt und scheinbar keine +49 Handynummern zulässt, habe ich mir die App nicht heruntergeladen und wir haben unser Bier klassisch bestellt. Das Konzept finde ich allerdings sehr inspirierend.
Anschließend sind wir weiter über einen kleinen Weihnachtsmarkt geschlendert. Zu jedem guten Weihnachtsmarkt gehört ein Glühwein. Wer in Deutschland schon einmal auf einem kleinen Weihnachtsmarkt war, weiß dass man hier ohne Bargeld nicht wirklich weit kommt – auch wenn man eigentlich eine Hypothek auf seine Immobilie aufnehmen müsste. Um so begeisterter war ich, dass man den Mulled wine, wie alles andere, natürlich mit Karte zahlen konnte. Auch sämtliche kleine Stände haben Kartenzahlung ermöglicht. Dies ist natürlich nur möglich, da die mobilen SIM Karten betriebenen Kartenlesegeräten mittlerweile erschwinglich und verbreitet sind. Dies ermöglicht es auch kleineren Händlern ganz ohne Internet Leitung oder WLAN den Kunden ein barrierefreies Einkaufserlebnis zur Verfügung zu stellen. Es wird lediglich eine SIM Karte und ein mobiles Kartenlesegerät benötigt.
Genau diese Technologie machen sich mittlerweile auch die Straßenkünstler hier zu nutzen. An den verschiedensten Ecken in London findet man unterschiedliche Straßenkünstler, die die Touristen mit ihren musikalischen oder akrobatischen Talenten unterhalten. Meine Begeisterung hatte spätestens jetzt ihren Höhepunkt erreicht, als wir unter einer Brücke an der Themse den Gesängen eines Alleinunterhalters lauschen durften und vor ihm nicht nur wie üblich ein Hut zum Sammeln von Geld lag, sondern auch ein mobiler Kartenleser mit einem kleinen Schild. Dieser Anblick war im Lauf der Tage keine Seltenheit gewesen.
„Tap to phone“ ist der nächste Evolutionsschritt, da hier nicht mal mehr ein Kartenlesegerät verwendet werden muss. Diese Technologie ermöglicht es Händlern das eigene Smartphone über eine App als Bezahlterminal benutzen zu können. Dies stellt eine Revolution der Zahlungsakzeptanz von Händlern dar und ermöglicht ein noch barrierefreies kontaktloses Einkaufen. In unserem Fall hat es uns ein schönes neues Schild für unser Haus beschert.
Ein Besuch von Camden Market gehört für uns immer zum Pflichtprogramm, wenn wir in London sind. Wer Camden Market kennt, weiß wieso – wer noch nicht da war, sollte es unbedingt nachholen. Die Atmosphäre, Vielfalt und Diversität hat auf uns eine enorme Anziehungskraft und begeistert und jedesmal wieder aufs Neue. Auch in diesem Jahr sind wir einige Stunden durch die Straßen und Industriegebäude von Camden Market geschlendert bis wir irgendwann in der Spielhalle gelandet sind. Das Kind in uns war direkt geweckt und wir mussten mit großen, funkelnden Augen erst einmal die verschiedenen Spielautomaten begutachten. Schnell fiel uns natürlich auf, dass man hier nicht nur Coints einwerfen konnte um ein Spiel zu starten. Ein einfaches Tap mit dem Mobilephone auf dem Kartenlesegerät reicht ebenfalls aus um in die Welt von Minecraft oder Mario Kart einzutauchen.
Als Kind der 90er mussten wir natürlich eine Runde Marko Kart gegeneinander fahren. Aus Rücksicht vor einem negativen emotionalen Flashback meines Mannes verzichte ich darauf zu erwähnen, wer das Rennen gewonnen hat.
Always On und das kontaktlose Zahlen haben natürlich auch ein paar negative Effekte. Neben der Gefahr, dass man den Überblick über seine getätigten Einkäufe verliert – auf die ich bewusst in diesem Kontext nicht näher eingehen möchte – erhöht sich auch der Akku Verbrauch des Handys. Was an einem ganzen Tag durch London ein Problem darstellen kann. Vor allem, wenn man die geliebte Eintracht am Abend noch in einem Englischen Pub schauen möchte. Die Wireless PowerShare Funktion unserer Handys hat uns hier schon manches mal geholfen. Aber irgendwann geht der Kampf los wer hat noch wieviel Prozent Akku und muss oder kann dem anderen noch ein paar Prozent überlassen. Spätestens wenn beide Reserven verbraucht sind und beide Handys unter 20% fallen, hält keiner mehr an dem Motto „Sharing is caring“ fest.
Im Pub angekommen, entdeckte ich schnell auf dem Boden eine kleine Box mit einem QR Code, die sich als Ladestation für Handys entpuppte. Hierbei handelte es sich um eine Box des Betreibers JOOS, die 8 Powerbanks fasst. Ein einfacher Scan des QR Codes genügt und die App wird auf meinem Handy geöffnet. Eine Installation der App ist nicht einmal notwendig, da es sich hierbei um eine Instant-App handelt. Den Mietpreis konnte ich schnell mit meinem Paypal Daten begleichen und die Box gibt mir eine verfügbare Powerbank frei. Die Powerbank hat auf der Rückseite alle gängigen Anschlusskabel bereits integriert, so dass ein Laden in nur wenigen Sekunden möglich ist. Über die App sehe ich zu jederzeit wie lange die Powerbank bereits in Gebrauch ist und welche Kosten angefallen sind. Nach dem Ende des Ladevorgangs genügt ebenfalls ein einziger Klick in der App und ich erhalte die Info in welchen Slot die Powerbank zurück gelegt werden muss.
Die Preise für das Laden sind ebenfalls fair – eine Stunde kostet 3 £, 24 Stunden 5 £ und ein Verlust der Powerbank wird mit 19,99 £ in Rechnung gestellt. Innerhalb von einer Stunde konnte ich ca. 50 % meines Handys laden, gut investierte 3 £.
Wie immer vergeht die Zeit viel zu schnell und wir machen uns mit einem Rucksack voller schöner Eindrücke und unvergesslicher Erinnerungen auf die Heimreise. Am Flughafen angekommen begegnet uns ein Wischroboter, der geschickt um die Menschenmenge herum seinen Job verrichtet. Wir alle kennen mittlerweile wahrscheinlich die kleinen Saugroboter aus unseren eigenen Vierwänden – die kleinen, praktischen Helferlein, die wie kleine Wichtel in unserer Abwesenheit die Wohnung reinigen. Damit diese sich geschickt durch unsere Wohnung bewegen können, müssen sie initial die Wohnung scannen und Hinternisse markieren, damit sie ihre Route durch unsere Räume definieren können.
Eine Flughafen Halle ist wohl mit eine der dynamischsten Räume in der sich täglich tausende Menschen auf den unterschiedlichsten Routen durch die Halle navigieren. Um so beeindruckender war mit anzusehen, wie der Roboter sich durch die Menge navigiert hat ohne auch nur einmal eine Kollision zu verursachen.
Inspiriert von den unterschiedlichsten digitalen Eindrücken während unseres Aufenthalts haben wir viele Gespräche über das Potential und die Gefahren von KI gesprochen. Meiner Meinung nach kann es hierzu keine eine, einfache, klare Meinung geben – da das Thema viele Dimensionen hat. Hierbei sollten sowohl technische, gesellschaftliche als auch ethische Aspekte betrachtet werden.
Diesem Thema werde ich mich in einem späteren Post noch einmal widmen – die folgende Salesforce Werbung am Flughafen stellt in meinem Augen ein passendes Closing für unsere Reise und diesen Post dar.